Die Beteiligung der Öffentlichkeit bei wasserwirtschaftlichen Maßnahmen

Im Jahr 2002 verfasste Frau Melanie Muro ihre Diplomarbeit zu diesem Thema.

Auszüge daraus:
Die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik , kurz Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) genannt, sieht die Beteiligung der Öffentlichkeit – auch der Nutzer – vor……….

Ziel der neuen Richtlinie ist

  • der Schutz und die Verbesserung der aquatischen Ökosysteme sowie
  • die Förderung einer nachhaltigen Nutzung der Wasserressourcen.

Zur Umsetzung dieser Ziele dienen Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme, die unter Einbeziehung der Öffentlichkeit aufzustellen sind.
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Konflikte können auch als Ermessensproblem wahrgenommen werden. Das bedeutet, dass ein Problem zu komplex ist, als dass eine exakte Lösung gefunden werden kann. Dies ist bei Risiko- und ökologischen Problemen meist der Fall. Bei solchen Entscheidungen geht es im Grunde um Zumutbarkeit und weniger um wissenschaftliche Erkenntnisse. Entscheidend ist in einer solchen Situation, dass das Problem nicht als Sachproblem aufgefasst wird, für das es nur eine Lösung gibt (CLAUS/WIEDEMANN 1994, 191).
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2 Zur Öffentlichkeitsbeteiligung

In der Regel versteht man unter Beteiligung oder Partizipation die Teilnahme oder Teilhabe an politischen und sozialen Entscheidungsprozessen. Die Bedeutung des Partizipationsprozesses geht jedoch weit über die jeweiligen Planungs- und Entscheidungsprozesse hinaus, „indem demokratische Verhaltensweisen eingeübt werden und Integration in das Sozialsystem stattfindet“ (FÜRST/SCHOLLES/SINNIG 2001,1).

Die Diskussion um Sinn und Zweck von Öffentlichkeitsbeteiligung ist geprägt von der Kritik an herkömmlichen politischen Entscheidungs- und Regulierungssystemen. Viele Autoren verweisen auf die Legitimationskrise des Staates und das Versagen der traditionellen Entscheidungsverfahren (vgl. FIETKAU/WEIDNER 1998; vgl. ZILLEßEN 1998; vgl. BEIERLE 1998; vgl. CLAUS/WIEDEMANN 1994). Als Beweis führen sie die Zunahme an Umweltkonflikten an.
BEIERLE (1998, 3) identifiziert im Rahmen seiner Forschung zur Evaluierung partizipativer Planungsprozesse folgende Missstände staatlicher Regulierungssysteme:

  • fehlendes Wissen bzw. Fehlinformation der Öffentlichkeit im Umweltbereich,
  • die Werte und Präferenzen der Öffentlichkeit werden von Seiten der Entscheidungsträger nicht ausreichend berücksichtigt,
  • die Möglichkeit für Korrekturen oder innovative Lösungen werden kaum genutzt,
  • fehlendes Vertrauen und Akzeptanz gegenüber staatlichen Entscheidungen und Entscheidungsträgern.

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Beschäftigt man sich mit dem Thema der Öffentlichkeitsbeteiligung, trifft man seit einigen Jahren immer häufiger auf den Begriff „Stakeholder“. Dieser Ausdruck hat sich im letzten Jahrzehnt in vielen Bereichen, wie der internationalen Umweltpolitik und vor allem in der Wirtschaft durchgesetzt. Im Umweltbereich werden darunter meist Gruppen oder Individuen verstanden, die über ein gewisses Recht im Hinblick auf eine bestimmte Ressource verfügen.
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Um die Begrifflichkeiten für die weitere Verwendung in dieser Arbeit zu klären, ist der Blick auf die Vorgaben der WRRL zu richten. Die Richtlinie spricht in Art. 14 (1) Satz 2 von „der Öffentlichkeit, einschließlich den Nutzer“ und fordert die aktive Beteiligung „aller interessierten Stellen“ in Abs. 1 Satz 1. Verschiedene Autoren (vgl. JEKEL 2001, 20; vgl. VON KEITZ/SCHMALHOLZ 2002, 351 f.) verweisen in diesem Zusammenhang auf die Definition des Art. 2 Nr. 4 der Aarhus-Konvention, eines der wichtigsten internationalen Abkommen hinsichtlich der Information und Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren im Umweltbereich. Hier wird die Öffentlichkeit folgendermaßen definiert: „Eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen und Gruppen.“ In diesem Sinne umfasst die Öffentlichkeit Betroffene, Nutzer sowie Interessierte, die organisierte und nicht organisierte Öffentlichkeit. Wie bereits erwähnt, ist mitunter die Art der Planung von Bedeutung, weshalb der integrierte Planungsansatz der WRRL für eine solch breite Definition des Begriffs Öffentlichkeit spricht.

Die Abkehr von einer rein ressourcen-basierten Betrachtungsweise der Wasserwirtschaft macht die Einbeziehung einer breiten Öffentlichkeit dringend notwendig. Der betroffene und interessierte Akteurskreis wird sich im Gegensatz zur gegenwärtigen Situation erweitern, woraus sich neue Aushandlungsprozesse ergeben werden.
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GOTTSCHALK (1997, 1) fasst die Defizite staatlicher Politik wie folgt zusammen:
„Es gibt systeminhärente Einseitigkeiten politischer Entscheidungen, die mit einer immer weniger zureichenden Sach- und Wertekompetenz der Entscheider einhergehen. Dem korrespondiert ein Legitimitäts- und Vertrauensverlust seitens der Bürger, der auch zunehmend als interessengebunden wahrgenommenen Experten umfasst, so dass schon deshalb eine Expertokratie keine Alternative darstellen kann“.
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Die immense Zunahme von Verwaltungsgerichtsverfahren in Deutschland verdeutlicht die Notwendigkeit für neue, konsensorientierte Regelungsmechanismen. Der traditionelle Ansatz der Verwaltungsverfahren nach dem Schema Entscheiden-Verkünden-Umsetzen ist nicht in der Lage komplexe, umweltpolitische Probleme für alle Seiten befriedigend zu lösen. In der Folge kommt es immer mehr zu juristischen Verfahren, die sich enorm in die Länge ziehen.
Vorhandene Konfliktpotenziale sollten bereits im Vorfeld der Entscheidungen thematisiert und gelöst werden (GRIEFAHN 1997, 394).
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Die Betroffenen sollen von Anfang an in die Problemlösung mit eingebunden werden, „anstatt am Ende einer Problemlösung ohne ihre Beteiligung selbst zum Problem für die Entscheidungsträger zu werden“ (ZILLEßEN 1998, 19).
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Eine Ausnahme bildet der Bereich der Abwasser- bzw. Kläranlagen. Hier ist die Durchführung einer UVP Pflicht, in deren Rahmen die Beteiligung der Öffentlichkeit vorgeschrieben ist. Die Planunterlagen sind öffentlich auszulegen; Bürger, die eine Stellungnahme abgegeben haben, müssen in einem Erörterungstermin gehört werden (BLUME 1998, 11 ff.).
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Bei der Erarbeitung und Aufstellung der Wasserwirtschaftliche Rahmenplanung sind folgende Akteure beteiligt:

  • Die Landeswassergesetze für Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie Sachsen-Anhalt sehen keine weitere Beteiligung vor. In Bayern wird der Wasserwirtschaftliche Rahmenplan mit den Trägern der Regionalplanung und Vertretern verschiedener Gruppen und Behörden abgestimmt.
  • In anderen Bundesländern finden sich weitergehende Beteiligungsvorschriften. Meist werden betroffene Behörden, Träger öffentlicher Belange, Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie Kreise und Kommunen beteiligt. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein werden zusätzlich sonstigen Betroffene (Vereine, Verbände) miteinbezogen. Hessen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern treffen weitergehende Vorschriften zur Beteiligung: der Planentwurf ist in den betroffenen Gemeinden für einen Monat öffentlich auszulegen.

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